Kaninchen haben keinen Mund

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Kritik über die Installation in der Zwinger-Gallerie, Berlin
aus der tageszeitung vom 19.03.1994

"Blaupelzchen war kein gewöhnliches Kaninchen, sondern aus himmelblauem Plüsch mit einer riesengroßen rosa Seidenschleife um." Unmittelbar aufs Gedächtnis wirkt die Sprache der Dinge am Anfang, wenn man selbst noch sich als Teil ihrer Welt empfindet. Der Proust kommt erst später. Die Video-Installation von Akiko Hada verbindet beides: Das Kaninchen als Corporate identity der Kindhit und erotisches Objekt zugleich. Auf zwei parallellen Monitoren laufen eine Reihe einfacher Handlungen unverbindlich aneinander vorbei. Zum einen zeigt Hada übertrieben obsessive Bilder vom nervigen Knuddelzeug mit dazwischengeschnittenen stummen Szenen, in denen sie einem Plüschtier die Ohren abschneidet oder an dessen Kunstfell-Popo nuckelt; auf dem anderen Bildschirm sind erotische, quasi-lesbische Performance-Aktionen mit weiblichen Helden aus Hong-Kong-Action-Serien gemischt, die zu Hammondorgel Musik vom Motorrad stürzen. Die einige Verknüpfung ist Hada, die zwischen ihren Kaninchen dem Autismus nahe in ein Nachthemd gehüllt den Spielzeug-Kreis um sich berum mit aller Kraft geschlossen hält. Bei Einstellungen ohne das Getier kauert sie wie abgewiesen in einer Ecke. Im zweiten Video indes ist sie die Handelnde, deren Hände Betten auseinanderrupfen oder über einen nackten Körper streichen: "We are sisters", so der Titel eines dazu passenden Videobild-Druckes. Und mit der Zeit identifiziert man sich auch mit der kindlichen Arbeit am Plüsch, ob mit oder ohne Schere/Liebe. Selbst das völlig zerfetzte Vieh wird plötzlich so vertraut, als wäre es die Erinnerung an das eigene.


Harald Fricke


Kritik über die Gruppenausstellung "16 Rippen"
im Schwulen Museum, Berlin

aus der tageszeitung vom 20.12.1997

Akiko Hadas "Kaninchen haben keinen Mund". Das kommt daher, daß er ihnen rüde mit schwarzem Klebeband verschlossen wird. Neben dem Videomonitor sind die Plüschhasen und anderes Stoffgetier in eine Fenstervitrine gequetscht. Freundlich geht Akiko Hada mit den Bunnys nicht gerade um. Aber das tut ja tatsächlich niemand, und daher trifft ihre Videoinstallation ins Herz des "Frauseins". Wer weiblich ist weiß, daß man für nichts so sehr zur Verantwortung gezogen wird wie für sein Geschlecht, zu nichts so oft Stellung nehmen muß wie zu diesem Fakt, für den man rundheraus nichts kann. Das Entsetzen darüber, eine Frau zu sein, lernt man langsam, aber beständig.

Den Spaß daran lernt man mit der Kunst. So jedenfalls erlebt man es in der Ausstellung des Schwulen Museum, die die Schweizer Kuratorin Barbara Stauss unter dem Titel "16 Rippen" organisierte. 16 Künstlerinnen aus Großbritannien, Japan, den USA und Deutschland gehen hier dem Phänomen nach, wie uns die Geschlechterrollen besitzen und wie wir ihnen, wenn nicht schon entkommen, so doch ein politisch provokantes und künstlerische relevantes Schnippchen schlagen.

Sex liegt in der Luft, wenn G.B. Jones lesbische Gefängnisszenen à la Tom of Finland präsentiert; wenn Astrid Chroszielewskis durchsichtige Vagina-Skulpturen wie bunte Gummibärchen leuchten; wenn Ellen Cantor mit pornographischen Zeichnungen den puren Sex feiert. Der Körper wird befragt, wenn Janina Saile menstruierende und Sophie Rickett pissende Frauen fotografieren. Die Mode kommt bei Cornelia Schmidt-Bleek ins Bild, das sie mit Texten über die mütterlich modische Sozialisation ihrer Töchter kombiniert. Phyllis Baldino überantwortet die Küche einer sehr erfinderischen Handwerkerin, während Käthe Kruse ganz schlicht eine Haarbürste samt den in ihr hängenden Haaren auf eine weiße Seifenschale legt: Die Rippen haben gut was auf den Rippen.

Brigitte Werneburg


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