DER TAGESSPIEGEL
Montag, 17. Februar 1997, Seite 9
STADTLEBEN

1000 Mark für einen alten Hasen

Suchanzeige brachte Erfolg
Taxifahrer überreichte Kuscheltier


Diesmal ging es nicht um Super-Sonderangebote, einen fixen Fernsehdienst oder den Tag der offenen Tür im Autohaus. "Gesucht gegen 1000,- DM Belohnung" lautet der Text der Tagesspiegel-Anzeige vom Sonntag (siehe Ausriß*) auf Seite 11. Links neben dem Hilferuf-Steckbrief ein Bild des vermiß Gemeldeten: Es ist weich und kuschelig, hat vier Beine und zwei lange Ohren, Knopfaugen und einen Stummelschwanz: das Stoffhäschen von Akiko Hada.

Die 35jährige Japanerin hatte ihr Lieblings-Plüschtier versehntlich im Taxi liegenlassen. "Mein kleines, altes Stoffhäschen (ca. 10cm lang) ist in der Nacht vom Mi., 12.2. auf Do., 13.2., gegen 4.00 Uhr in einem Minibus-Taxi verlassen worden." Um es wiederzubekommen, schaltete die Wahlberlinerin in mehreren Tageszeitungen Suchanzeigen. Dabei handelt es sich weder um ein liebgewonnenes Spielzeug aus Kindertagen, noch um ein wertvolles Einzelstück. "Es war ein ganz normales Häschen", berichtet Frau Hada. Vor drei Jahren hatte sie es "bei Hussel-Süßwaren für 5,99 Mark gekauft, seitdem gehört es zur Familie." Damit das Kuscheltier nicht einsam werde, besorgte Akiko Hada noch ein zweites**. "Ich nehme beide überall mit hin, in die Kneipe, ins Kino, zur Vernissage", erzählt die Videokünstlerin. Das Steckbrief-Häschen gehörte einmal zu einer Ausstellung**, daher sei es ihr ans Herz gewachsen. Vielleicht auch deswegen, weil Japaner ein enges Verhältnis zu Stofftieren haben, sagt die 35jährige. Barbiepuppen liegen im Trend, doch auch Puppen mit japanischen Gesichtszügen seien sehr beliebt. Ihr deutsches Stoffhäschen war der Wahlberlinerin sogar 1000 Mark Finderlohn wert.

"Ich suche den Fahrer, der uns (ein Amerikaner, eine Japanerin mit blondierten Haaren) von der Prenzlauer Allee über die Potsdamer Straße bis zur Eisenacher Straßse, Schöneberg, mitgenommen hat", heißt es in der Anzeige weiter. Der Taxifahrer machte die Tour seines Lebens. Sein Sproß, dem er den felligen Findling mitgebracht hatte, wird zwar meutern - doch die wirkliche Hasen-Mutter freute sich zutiefst. "Ich habe es vermißt wie ein Kind."

Vielleicht sollte sich Frau Hada künftig an den Tierliebhabern in ihrer Heimat ein Beispiel nehmen. In Japan sind Computer-Spielgesellen im Kommen: "Virtual Pets", virtuelle Haustiere. Viele Appartment-Vermieter untersagen das Halten eines lebendigen Vierbeiners. So bellen, winseln, jaulen - und hüpfen - Computer-Kameraden auf Mausklick. Da muß kein Katzenklo gesäubert werden, auch Gassi-Gänge erledigen sich von selbst. Verlieren kann man den virtuellen Spielgefährten schon gar nicht. Aber eben auch nicht mit ihm kuscheln.

ANETTE KÖGEL

* Hier nicht gezeigt - Clicken für die Anzeige in der BZ (85K).

** Die Journalistin hat Kousa und ihre Schwester Usako verwechselt...



Bilder vom "Kiez-Reporter"-Bericht (Puls-TV) (40K)

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